Portrait
Privat kümmert sich Hermann Grewer liebevoll um seine fünf Oldtimer und fährt mit ihnen ganz entspannt spazieren. In der Verbandsarbeit mag er hingegen die Dinge nicht so einfach dahinrollen lassen. „Wer meckern will, der muss sich auch einbringen“, lautet das Credo des 70-jährigen Vollblutunternehmers. Geschichte gemacht hat Hermann Grewer an der Spitze des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung als dynamischer Mitgestalter der Liberalisierung und Modernisierung des europäischen Güterkraftverkehrs im EU-Binnenmarkt.
Ein typischer Verbandsfunktionär ist der Gelsenkirchener trotz seiner zahlreichen Ehrenämter nie geworden. Er behielt immer die Bodenhaftung als Spediteur und Transportunternehmer. Über Fahrzeugkostenrechnung und LKW-Technik kann er genauso kenntnisreich reden, wie über die Probleme mit der Kabotage auf den europäischen Transportmärkten. Sein Detailwissen, verbunden mit Charisma und Durchsetzungsfähigkeit, machten ihn zum idealen BGL-Präsidenten in einer Zeit, in der sich das Gewerbe in Deutschland und Europa fundamental veränderte. Die Liberalisierung des deutschen Güterkraftverkehrsmarktes im Jahr 1993 erlebte und gestaltete er als Vizepräsident des BDF mit. Dem Engagement von Grewer und seinen Mitstreitern für faire Rahmenbedingungen ist es zu verdanken, dass die mittelständisch strukturierte deutsche Transportbranche sich in den hart umkämpften Verkehrsmärkten behaupten konnte. Harte Verhandlungen blieben auch in den Folgejahren eine Spezialität von Hermann Grewer, als es etwa um die Ausgestaltung der Kabotagefreiheit und andere ordnungspolitische Fragen in Berlin und Brüssel ging. Mitte der 90er verhinderte er den Zusammenbruch des Carnet-TIR-Verfahrens, was dem für die deutsche Wirtschaft so wichtigen Handel mit den Staaten Osteuropas schwer geschadet hätte. Mehr noch: „Ohne ihn hätte es die LKW-Maut ohne Harmonisierung gegeben“, rühmt BGL-Präsident Adalbert Wandt seinen Vorgänger. Grewer und BGL-Hauptgeschäftsführer Professor Dr. Karlheinz Schmidt hatten die Harmonisierung in Verhandlungen mit dem damaligen Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier durchgesetzt. 600 Millionen Euro Harmonisierungsbeitrag pro Jahr holte das Duo gegen massive Widerstände aus verschiedenen Bundesministerien für das deutsche LKW-Gewerbe heraus.
Grewer gilt bei seinen Gesprächspartnern in der Politik als sachlicher, fairer und verlässlicher Gesprächspartner. Gleiches erwartet er auch vom seinem Gegenüber – und wurde zuweilen enttäuscht. Dann konnte (und kann) der sonst so bedächtige BGL-Präsident auch schon mal zu einem emotionalen Vulkan werden – und notfalls auch die Samthandschuhe ausziehen. In aller Regel setzt er jedoch auf die Kraft der Sachargumente, auf Kompromisse – und ein bisschen auch auf seinen charakteristischen Ruhrpott-Charme.